Die Nase weiß alles: Wie Hunde mit ihrer Nase die Welt sehen
Beim Gassi gehen bleiben Hunde immer wieder stehen und schnüffeln intensiv. Dies machen sie mit einer freudigen Erregung und mit großer Ausdauer.
Da kommen natürlich die Fragen auf, warum machen Hunde das und wie funktioniert das Schnüffeln genau.
Die erstaunlichen Fähigkeiten der Hundenase
Hunde besitzen einen bemerkenswerten Geruchssinn, der es ihnen ermöglicht, ihre Umgebung auf eine einzigartige Weise wahrzunehmen. Beim Markieren hinterlassen Hunde wichtige Informationen über Alter, Geschlecht, Gesundheitszustand und Rangordnung. Ihre Nase dient ihnen auch zur Nahrungssuche sowie zur Erkennung von potenziellen Bedrohungen und Gefahren. Auch sind andere Tier- und unbekannte Gerüche von großem Interesse. Sie nutzen die Gerüche des Alltags, um auch herauszufinden, welche Tageszeit es ist, da sich die Gerüche im Laufe des Tages verändern.
Darüber hinaus nutzen Hunde ihren Geruchssinn zur räumlichen Orientierung. Wenn sie einen faszinierenden Geruch entdecken, verfolgen sie die Spur bis zu ihrer Quelle oder bis sie von etwas Neuem abgelenkt werden. Die Vorfahren unserer heutigen Hunderassen, die Wölfe, können ihre Beute sogar aus einer Entfernung von 3 km erschnüffeln. Hunde haben auch die Fähigkeit, tief unter der Oberfläche zu riechen, zum Beispiel bis zu 8 Meter unter geschlossenen Schneedecken oder mehr als 3 Meter in natürlichen Böden.
Die Nase ist also eines der bedeutendsten Sinnesorgane für Hunde.
Im Vergleich zu Menschen können Hunde eine viel größere Vielfalt an Gerüchen unterscheiden. Während Menschen etwa 10.000 verschiedene Gerüche erkennen können, sind Hunde in der Lage, etwa eine Million zu unterscheiden. Hunde haben eine besondere Fähigkeit, Beuteschweiß (Fettsäuren) wahrzunehmen, während Menschen eher in der Lage sind, Fruchtdüfte besser wahrzunehmen.
Geruch – Was ist das genau?
Die Welt ist von einer Vielzahl von Bakterien besiedelt, die im Boden, auf Oberflächen von allen Gegenständen, auf der Haut, in der Luft etc. vorkommen. Diese Mikroorganismen sind in der Regel nicht schädlich, sondern spielen u.a. eine wichtige Rolle bei der Förderung der Gesundheit und der Stärkung des Immunsystems.
Bakterien nehmen einzelne Stoffe und Zellen auf und verdauen sie. Die dabei entstehenden Ausscheidungen sind die Geruchsmoleküle, die sowohl von uns als auch von Hunden wahrgenommen werden. Der spezifische Geruch hängt dabei von der Art der Ausgangsmaterialien und der beteiligten Bakterien ab.
Die Aktivität der Bakterien wird durch die Verfügbarkeit von Feuchtigkeit und Wasser beeinflusst. Bei trockenen Bedingungen reduzieren Bakterien ihre Aktivität, was zu einer geringeren Freisetzung von Geruchsstoffen führt. Nach einem Regenschauer o.ä. hingegen sind Bakterien hoch aktiv. Die Geruchswelt explodiert regelrecht. Daher ist es nachvollziehbar, dass Hunde in trockenen Sommern möglicherweise weniger riechen können als in feuchteren Jahreszeiten. Zudem zeigen Hunde nach Regenschauern oft ein erhöhtes Interesse an den Gerüchen ihrer Umgebung.
Dies erklärt auch, warum nasse Hunde für uns Menschen einen unangenehmen Geruch haben können, obwohl diese im trocknen Zustand einen unauffälligen Geruch besitzen.
Aufbau der Hundenase
Die Nase eines Hundes ist mit einer beeindruckend großen Riechschleimhaut ausgestattet, die eine Fläche von 150 bis 200 cm² umfasst. Im Vergleich dazu hat ein Mensch nur eine Riechschleimhaut von etwa 5 cm². Dank dieser Größe verfügen Hunde bis über 300 Millionen Riechzellen, während Menschen lediglich etwa 5 Millionen haben.
Duftstoffe binden an Rezeptoren und aktivieren die entsprechenden Riechzellen. Hunde besitzen etwa 900 verschiedene Rezeptoren, während Menschen nur etwa 380 haben. Jede Riechzelle bildet nur einen einzigen Typ von Duftstoffrezeptoren aus. Die Nervenbahnen der Riechzellen mit dem gleichen Rezeptortyp werden auf dem Weg zum Gehirn gebündelt.
Die Riechzellen in der Nasenhöhle werden ständig durch die Einflüsse der Außenwelt beansprucht. Sie sterben dadurch nach wenigen Wochen ab und werden durch neue Riechzellen ersetzt.
Aufgrund dieser einzigartigen Struktur können Hunde Gerüche intensiver wahrnehmen und einen einzelnen Geruch aus einer Vielzahl von anderen Gerüchen filtern. Die Duftmoleküle verweilen beim Einatmen länger in ihrer Nase als bei uns Menschen, was eine detailliertere Analyse ermöglicht.
Ein weiterer Faktor, der den Geruchssinn von Hunden verbessert, ist die Größe des Riechkolbens. Der Riechkolben ist der Teil des Gehirns, der die Informationen der einzelnen Riechzellen verarbeitet. Beim Hund macht der Riechkolben etwa 10% des Gehirns aus, während er beim Menschen nur etwa 1% ausmacht.
Hunde besitzen ein zusätzliches Riechorgan, das als Jacobson-Organ oder Vomeronasal-Organ bezeichnet wird und sich am Gaumen befindet. Dadurch können sie Pheromone wahrnehmen und beispielsweise erkennen, ob eine Hündin läufig ist.
Funktionsweise des Riechvorgangs
Die Anatomie der Hundenase ist außergewöhnlich. Die gebogenen Nasenlöcher mit den zentralen runden Öffnungen, die sich zu den Seiten hin zu Schlitzen verengt, ermöglichen es Hunden, Luft durch die runden Öffnungen aufzunehmen und an den Seiten durch die Schlitze wieder auszuatmen. Dadurch bleiben die beiden Luftströme getrennt, so dass eintreffende Gerüche nicht von der ausgehenden Atemluft verweht werden. Die Duftstoffe gelangen in die Nasenhöhle, wo sich die mit Riechschleimhaut überzogenen Nasenmuscheln befinden.
Die Riechzellen mit ihren Rezeptoren bilden die erste Ebene des Riechsystems. Sie erkennen Duftstoffe in der Atemluft und wandeln sie in elektrische Signale um. Diese Signale werden dann vom Riechkolben im Gehirn verarbeitet, um Gerüche wahrzunehmen und einzuordnen. Im Gehirn werden sie mit gespeicherten Erinnerungen verglichen und zu umfassenden Geruchsbildern zusammengesetzt. Hunde können somit in ihrem Geist visuell wahrnehmen, was sie riechen.
Interessanterweise unterscheiden Hunde zwischen dem Atmen und dem Schnuppern. Wenn ein Hund einen aufregenden Geruch entdeckt, beginnt er stoßweise ein- und auszuatmen, also zu schnuppern. Ein Hund kann bis zu 300–400 mal pro Minute atmen, um die Riechzellen kontinuierlich mit Duftmolekülen zu versorgen. Dieses schnelle Atmen erzeugt einen Luftstrom, der es ermöglicht, auch entfernte Duftmoleküle in die Hundenase zu leiten. Der Hund schnuppert also, um einem Geruch auf die Spur zu kommen. Die beiden Nasenöffnungen können unabhängig voneinander genutzt werden, was dem Hund hilft, die Richtung einer Fährte zu bestimmen. Zudem bleiben die Geruchspartikel an der feuchten Nasenschleimhaut haften.
Wenn ein Hund das Jacobson-Organ nutzt, zeigt er dies oft, indem er sich schnell über die Nase schleckt oder wenn er mit den Zähnen klappert. Gelegentlich bildet sich auch Schaum an der Schnauze. Wenn Ihr Hund am Urin eines anderen Hundes leckt, könnt Ihr sicher sein, dass er gerade interessante Informationen aufnimmt.
Die Riechzellen sind lediglich die Sensoren des Riechsystems. Die Analyse von Geruchsinformationen, das Wiedererkennen bekannter Düfte sowie die Planung und Umsetzung sinnvollen Verhaltens basieren auf den Leistungen des Gehirns.
Es gibt jedoch noch viele ungeklärte Fragen zum Riechverhalten von Hunden, die weiterhin Gegenstand wissenschaftlicher Forschung sind.
Unterschiede bei Hunderassen
Der Geruchssinn von Hunden kann je nach Rasse variieren. Hunde mit langen Nasen und dunkel pigmentierter Nasenhaut besitzen allgemein einen besseren Geruchssinn als Hunde mit kurzen Nasen oder schwach pigmentierter Nasenhaut.
Einige Hunderassen sind bekannt für ihre außergewöhnliche Spürnase, darunter beispielsweise der Deutsche Schäferhund, der Beagle und der Labrador Retriever. Diese Rassen verfügen über etwa 225 Millionen Riechzellen. Schweißhunde und speziell der Bloodhound sind besonders bemerkenswert, da sie mit beeindruckenden 300 Millionen Riechzellen die höchste Anzahl an Riechzellen unter den Hunden aufweisen.
Professionelle Einsatzgebiete
Der außergewöhnliche Geruchssinn von Hunden wird von Menschen in verschiedenen Bereichen geschätzt und genutzt. Sie unterstützen beispielsweise bei der Jagd, sowie beim Aufspüren von Drogen, digitalen Speichermedien, Falschgeld oder Sprengstoff. Im Katastrophenschutz sind Rettungshunde unverzichtbar, da sie Personen unter Erd- oder Schneemassen aufspüren können. Nach Lawinen- oder Erdbebenunglücken ist dies bei der Suche nach Verschütteten von großer Bedeutung. Auch werden Rettungshunde häufig zur Suche von vermissten Personen eingesetzt.
Hunde sind auch in der Lage, Krankheiten zu erschnüffeln. Einige Hunde werden beispielsweise speziell darauf trainiert, Menschen vor einem epileptischen Anfall oder einem diabetischen Notfall zu warnen. Verschiedene Studien haben auch gezeigt, dass Hunde in der Lage sind, Krebserkrankungen zu erkennen. Die Trefferquote bei der Erkennung von Eierstock-, Lungen-, Darm-, Blasen- und Brustkrebs lag bei über 90%. Sogar während der Corona-Pandemie wurden Hunde gezielt ausgebildet und eingesetzt, um Infektionen schnell und einfach festzustellen.
Freizeitgestaltung
Für Menschen bilden die Augen mit der visuellen Wahrnehmung das wichtigste Sinnesorgan. Deswegen wird oft der stark ausgeprägte Geruchssinn der Hunde nicht wahrgenommen. Es ist jedoch von großer Bedeutung, dass Hundebesitzer den Geruchssinn ihrer Vierbeiner schätzen und ihnen ausreichend Raum zum Schnuppern und Erkunden spannender Duftspuren geben.
Wenn während einer Gassirunde bemerkt wird, dass der Hund einen interessanten Geruch entdeckt hat, sollte man sich Zeit nehmen und ihm erlauben, in Ruhe zu schnüffeln und der Spur zu folgen.
Bei angemessenen Hundebegegnungen und ausreichend Platz ist es schön, den Hunden genug Zeit und Raum zu geben, um sich gegenseitig abzuschnüffeln und sich auf diese Weise gründlich kennenzulernen.
Auch bietet Nasenarbeit artgerechte Beschäftigungen für Hunde. So bieten verschiedenste Leckerli-Suchen und Fährtenarbeit / Mantrailing eine für Hunde befriedigten Auslastung, die bis ins hohe Hundealter möglich ist.
Einordnung des Geruchssinns
Obwohl Hunde die Umwelt sehr viel über den Geruchssinn wahrnehmen, ist die Nase in vielen Alltagssituationen zunächst nicht so entscheidend. Beispielsweise ist beim Aufeinandertreffen mit anderen Hunden das Sehen wichtiger, um das Verhalten des Gegenübers zu beobachten. Der erste Eindruck entscheidet sowohl bei Hunden als auch bei Menschen darüber, wie die Begegnung verläuft. Erst danach kommen das Riechen und Hören ins Spiel, und gegebenenfalls auch das Fühlen bei der Annäherung.
Die faszinierende Welt der Düfte für Hunde
Für Hunde ist jeder Duft wie ein Buch voller Geschichten. Es erzählt ihnen, wo sich beispielsweise ein anderer Hund befunden hat, welche Nachrichten er hinterlassen hat und in welche Richtung er weitergegangen ist. Nachträgliche Duftmarkierungen können als entsprechende Antwort darauf verstanden werden. In gewisser Weise wird hiermit der „Klatsch und Tratsch“ aus der Nachbarschaft geteilt. Ihr Geruchssinn ist äußerst ausgeprägt, sensibel und für Hunde unerlässlich. Das ausgiebige Ausleben dieser natürlichen Fähigkeit ist von großer positiver Bedeutung.
Düfte können als ein eigenes Kommunikationsmittel begriffen werden, das Hunde instinktiv verstehen und das ihnen hilft, sich in ihrer Umgebung zurechtzufinden.
Während Menschen die Welt durch die Augen vornehmlich visuell wahrnehmen, erleben Hunde sie zu einem großen Teil durch ihre Nase. Es ist ein wichtiger Weg, die Welt zu erkunden, zu verstehen und zu kommunizieren. Daher ist es für Hundebesitzer von großer Bedeutung, diese einzigartige Fähigkeit der Hunde zu respektieren und zu fördern. Indem den Hunden die Möglichkeit geben wird, ausgiebig zu schnüffeln und ihre Nase einzusetzen, wird ihnen ermöglicht, ihre Instinkte auszuleben und ihre Umgebung auf eine ganz besondere Weise zu erforschen.
Es ist also wichtig, den Hunden die entsprechende Zeit zu geben, ausgiebig zu schnüffeln.